Am 19. Februar hielt Prof. Dr. Alois Schmid, emeritierter Lehrstuhlinhaber für Bayerische Geschichte an der LMU München, beim historischen Verein in Landsberg einen Vortrag zum Thema „Der Pfarrhof als Mittelpunkt des Dorflebens im alten Bayern. Das Beispiel Walleshausen“.
Dabei beleuchtete er die historisch wichtige Rolle des Pfarrhofs als sozialen, kulturellen und religiösen Mittelpunkt in bayerischen Dörfern. Wie er erzählte, gehörte über Jahrhunderte hinweg nicht nur das katholische Pfarrhaus, das der Pfarrer bewohnte, sondern häufig auch eine kleine Landwirtschaft, der sog. Widumhof zum Pfarrhof. Von dessen Einkünften bestritt der Pfarrer seinen Unterhalt.
Hauptaufgabe des Priesters war natürlich die Seelsorge für die Gläubigen und die Beachtung der gesellschaftlichen Regeln im dörflichen Zusammenleben. Daneben gab es aber zahlreiche Pfarrer, die auch den Fortschritt in den verschiedensten Bereichen des Dorfes vorantrieben: sie gründeten Schulen und warben für die Weiterbildung der Bewohner in Gartenbau und Landwirtschaft. Als Beispiele nannte der Referent hier die Einführung neuer Kulturpflanzen wie Kartoffel oder Mais und den Anbau von sog. Zwischenkulturen. Die Dorfpfarrer halfen der einheimischen Bevölkerung bei der Verwaltung der Finanzen, pflegten Kunst und Kultur und führten technische Innovationen wie z.B. den Blitzableiter ein.
Dies galt auch für die Seelsorger, die in der Pfarrei von Walleshausen ihren Dienst verrichteten. Durch die Inkorporation in den Besitz des Pollinger Augustiner Chorherrenstiftes entwickelte sich der Pfarrhof Walleshausen zu einem Idealtypus des Pfarrhofs im vormodernen Bayern. So schickten die Chorherren aus Polling ihre besten Künstler und Handwerker nach Walleshausen, um die Pfarrkirche und den Pfarrhof – ähnlich wie das Stammkloster – prächtig auszustatten. Auch hier kümmerte man sich früh um die Bildung, so dass sogar zwei Schulen in Walleshausen und Pestenacker entstanden. Als nördlichste Pfarrei des Pollinger Einzugsgebietes nahm der Walleshauser Pfarrhof, dem auch ein Widumanwesen zur Seite stand, eine besondere wirtschaftliche und verwaltungstechnische Vorrangstellung ein. Viele Seelsorger fanden in diesem Haus Inspiration zur wissenschaftlichen Betätigung und dies wurde bis vor wenigen Jahren mit den beiden letzten Bewohnern Walter Kardinal Brandmüller und Prof. Petar Vrankic (beide emeritierte Lehrstuhlinhaber an der Kath.-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg) fortgesetzt.
Professor Schmid betonte zum Ende seines Vortrags noch einmal, dass es nicht viele Pfarrhöfe von gleicher Bedeutung gebe. Bis heute – so Prof. Schmid – sei die Aura des Gebäudes als geistliches und geistiges Zentrum erhalten geblieben und es sei bedauerlich, wenn ein Gebäude mit so großer Geschichte und Ausstattung wirtschaftlichen Interessen geopfert werde. Umso mehr, wenn die Bindung der Einwohner an ihren Pfarrhof so offensichtlich lebendige Gestaltungskräfte mobilisiert.
Wir als Verein möchten an dieser Stelle dem historischen Verein Landsberg für seine freundliche Unterstützung danken. Gleichzeitig gilt unser großer Dank besonders Herrn Professor Schmid für seinen faszinierenden Vortrag und gleichfalls den vielen Landsberger und Walleshauser Zuhörern, die an der Thematik interessiert waren.
Wir hoffen nun, dass das kulturelle Erbe unseres Pfarrhofs zum Wohl des Dorfes und seiner Bewohner bewahrt und geschützt werden kann. Möge seine Geschichte und seine Bedeutung auch zukünftige Generationen bilden und inspirieren.